Hallo zusammen,

na ja, die meisten Menschen haben wahrscheinlich auch falsche Vorstellungen davon was überhaupt die genetische Frosttoleranz einer Pflanze bedeutet. In den Köpfen der meisten herrscht wahrscheinlich die Vorstellung, dass da irgendwo in den Genen der Pflanze ein ganz bestimmtes Gen für die Frosthärte zuständig ist, wo dann einetwegen "-17°C und danach ist Exitus" draufsteht.
Das ist natürlich nicht so. Die individuelle Frosttoleranz einer Pfanze ist das Zusammenspiel vieler verschiedener genetisch bedingter Eigenschaften der Pflanze. Da spielen unzählige Eigenschaften eine Rolle, die vordergründig mit der abschießenden Frosttoleranz erstmal auch gar nichts zu tun haben. Daraus kann man von vornherein dann auch schließen, dass es einen festgelegten Wert auch gar nicht gibt der dann für jedes einzelne Individuum einer Art gelten würde. Gewisse Toleranzen zwischen den einzelnen Artgenossen gibt es also sehr wohl. Dazu kommt dann noch das Mendelsche Gesetz oder auch die Gaußsche Normalverteilungskurve, aus der sich auch ergibt, dass es sehr wohl sehr deutliche Abweichungen von Individuum zu Individuum geben muss! Weil hier gerade Larcher angegeben wurde - ihr wisst aber schon, dass es sich in der Regel bei den Versuchen um sezierte Pflanzenteile handelt, die unter künstlichen Bedingungen dann den Temperaturen ausgesetzt wurden um festzustellen wann welche Teile geschädigt werden. Noch dazu, wurde ja auch in diesen Versuchen nicht etwa festgestellt, dass nun artspezifisch ein bestimmtes Pflanzenteil wie z.B. eine Trachywurzel bei -6°C abstirbt, sondern es wurden Werte ermittelt ab wann Schäden beginnen können, wann etwa 50% geschädigt werdn und wann 100% = Exitus erreicht wurden. So, nun steht da z.B. geschrieben, erste Schäden treten bei -5°C ein. Das heißt dann aber immer noch nicht, dass grundsätzlich sofort an allen Individuen bei -5°C erste Schäden eintreten, sondern lediglich, dass beim Durchschnitt der getesteten Pflanzen bei -5°C erste Schäden eintreten. In der Praxis bedeutet das, dass bei einigen Pflanzen sogar bereits bei vielleicht -2°C erste Schäden eintreten, beim Durchschnitt eben bei - 5°C, bei manchen aber auch erst bei z.B. -9°C. Genau so verhält es sich auch mit den Exitustemperaturen.
Unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts finde ich es schon immer wieder interessant, wenn versucht wird die Frosttoleranz einer bestimmten Art - hier T. fortunei, auf das Grad genau zu bestimmen. Das geht schlicht und einfach nicht und deshalb liegt Wittekind mit seiner Beobachtung das doch einige Trachys auf engstem Raum überleben und andere sterben genau so richtig, wie ich, wenn ich sage einige überleben einen "Killerwinter" und einige nicht.

Grüße
Claus

Hi,

muss ich doch auch mal meinen Senf dazugeben:

Zit. René: "Ein grundsätzliches Überleben, und ein freies Auswildern sind nicht ein und das selbe. Bei der freien Auswilderung, muss auch ein Überleben gewährleistet sein, welches nicht unbedingt das bestmögliche Mikrolima einer Umgebung voraussetzt."

Warum? Also Zauneidechsen und bestimmte Orchideen gibt es hier fast nur in den mikroklimatisch begünstigten stillgelegten Steinbrüchen an Südhängen.
Will sagen: Die meisten Tier- und Pflanzenarten besetzen eine Nische mit speziellen Bedingungen. Kaum eine Art kommt "überall" vor.
In Extremfällen überleben Arten nur dank "zivilisatorischer Bedingungen". So z.B. ausgesetzte tropische Fische, Schildkröten usw. in den Abschnitten von Flüssen, in die Kühlwasser von Kraftwerken eingeleitet wird.

Also ich finde auch Trachys haben das Recht, in für sie geeignetem Mikroklima zu existieren, auch wenn sie es 500m weiter (am Nordhang etc.) eben nicht mehr können.

Grüße.

Olli

Hi,

also wenn ich es richtig verstanden habe vermutet Claus, dass es kleinere mikroklimatisch günstige Bereiche in Deutschland gibt, die das Potential für ein "eigenes Trachyhabitat" haben.
Dem wurde entgegegehalten, kleinere Flächen reichten nicht aus, um von Auswilderung zu sprechen.
Daher habe ich darauf hin gewiesen, dass es überhaupt nicht ungewöhnlich ist, dass Tier- und Pflanzenarten nur in eng begrenzten Nischen überleben oder vorkommen.

Grüße.

Olli

Hallo René,

Vielleicht ist die Schwankung etwas höher als von ihm angegeben , aber die Zellflüssigkeit gefriert eben bei einer vorgegebenen Temperatur, das konnte ich selbst in meinem Klima mit Versuchs Pflanzen testen.

Na klar, nur ist diese vorgegebene Temperatur wann das passiert eben bei der einen Trachy ein bisschen früher und bei der anderen ein bisschen später erreicht- eben von Individuum zu Individuum variabel, einerseits genetisch bedingt, andererseits auch phänotypisch bedingt und zudem noch vom jeweiligen Gesundheitszustand des einzelnen Individuums abhängig.

Hallo Jürgen,
Genau das ist der Punkt und der liegt im Übergang vom Stamm zum Meristem wovon eine Trachy nur eins besitzt. Diese Temperatur wird nunmal durch Naturgesetze festfelegt und liegt bei etwa -8°. Dadurch stirbt eine Trachy dann ab und man kann das "Herz" ziehen. Diese -8° sind nur zum Teil von der Umgebungstemperatur abhängig da weitere Faktoren mitspielen. Immerhin ist das Meristem nicht direkt der Umgebungstemperatur ausgesetzt.

Ja, diese "Naturgesetze" sind aber eben wie oben erwähnt durch Gene, Phänotyp und Gesundheit bedingt. Das Zusammenspiel dieser Faktoren bestimmt also das Naturgesetz und nicht etwa umgekehrt!

Killerwinter , also ich hab nur einen erlebt und der war 78/79. Der war heftig. aber sowas kommt zu 100% wieder, wenn man übers Eis vom Reihn zu Fuss kann dann ist Killerwinter. da überlebt dann auch keine Trachy.

Der Winter 78/79 war kalt, aber das letzte Mal, dass der Rhein komplett zugefroren war, das war 1963. Davor kam das übrigens öfters vor. Im 19. Jahrhundert war das sogar eher die Normalität.

@René
verstehe gerade den Vergleich nicht ganz. Unter einer natürlichen Ausbreitung für Trachycarpus f. verstehe ich etwas ähnliches wie in den Tessiner Wäldern.

Warum dieser Vergleich? Dass eine natürliche Ausbreitung in diesem Sinne hier in der Gegend undenkbar ist, hatte ich doch bereits versucht zu erklären. Das liegt aber nicht am Klima, sondern daran, dass Trachys hier von Vonherein an der Ausbreitung gehindert werden - überwiegend durch Menschenhand.

Für die Ausbreitung ist wie weiter vorne von Vincent schön beschrieben eine gewisse Samenmenge erforderlich.

Das sehe ich auch völlig anders. Trachys breiten sich wenn man sie läßt extrem aus. Warum wohl sonst habe ich hunderte Sämlinge bei mir im Garten?
Und nun stell dir einfach mal vor, man würde nur mal einen winzigen Bruchteil frei in der Prärie wachsen lassen, dann gäbe es bald schon tausende Trachys. Und da sind wir wieder am Anfang der Diskussion. Warum bloß überleben und wachsen die in meinem Garten, aber nirgends in der freien Natur? Ich versichere dir, es liegt nicht daran, dass ich die bei mir im Garten heimlich schütze...

Grüße
Claus